Dipl.-Ing. Thorsten Niggemann
Bauplan Maid of Kent
Hier der komplette Plan im Maßstab 1:11 zum bestellen.
Prolog
Warum wir die Maid of Kent bauen. Während des Baus der BR 64 erfuhr ein Bekannter von unserem Projekt und fragte ob wir Interesse an einigen Teilen für eine 5“ Lok hätten. Umgehend haben wir die Holzkiste mit Armaturen aus Messing und Gussteilen wie Zylinder, Flachschieber, Radsatz usw. erhalten. Wie wir erfahren haben, sind die Bauteile anfangs der 80er Jahre in England gekauft worden. Danach wurde der Barrenrahmen angefangen, und nach kurzer Zeit verschwand alles in einer Holzkiste, bis sie 20 Jahre später in unsere Hände fiel.
Der Bauplan zu jener Lok ist leider nicht mehr auffindbar und auch der Loktyp konnte nicht mehr bestimmt werden. Um heraus zu finden um welche Lok es sich handelt, wurde der Barrenrahmen abskizziert und mit dem Treibrad zum Echtdampfhallentreffen nach Sinsheim mitgenommen. In diesem Jahr stellten wir dort unsere angefangene BR64 und den gedeckten Güterwagen aus. Durch einen Zufall kam ein Engländer an unseren Stand. Wir führten ein langes Gespräch mit ihm. Als wir Ihm die Skizze vom Barrenrahmen und das Treibrad zeigten, konnte er uns sofort sagen, daß es sich hier um die Maid of Kent handelt und daß die Lok auf der Messe ihre runden dreht. Schnell war der Kontakt zum englischen Besitzer der Maid of Kent hergestellt. Ich habe die Lok mehrfach fotografiert und habe netterweise eine Kopie der Baupläne zugeschickt bekommen.
Der Bau der Maid of Kent ist im Zeitraum von xx bis yy als Serie in der Englischen Fachzeitschrift „The Modell Engineer“ mit Einzelteilzeichnungen und umfangreicher Baubeschreibung erschienen. Mein Bauplan aus ca. 100 kopierten A4 Seiten war natürlich komplett zöllisch bemaßt. Nach dieser Sammlung würden wie die Maid of Kent wohl nie ans laufen bekommen. Daraufhin habe ich angefangen, den Bauplan vollständig zu überarbeiten und auf eine metrische Bemaßung umzurechnen. In diesem Zuge habe ich noch einige konstruktive Verbesserungen aus den Bauerfahrungen der BR64 mit einfließen lassen.
Die Gussteile
Bevor wir mit dem Bau der Maid of Kent anfingen, haben wir erst einmal die Gussteile in der Holzkiste kontrolliert. Dabei haben wir festgestellt, dass nicht alle Teile in ausreichender Anzahl vorhanden waren. Was tun? Die erste Idee war, die vorhandenen Gussteile zu einer Gießerei zu geben und nachgießen zu lassen. Das Ergebnis war enttäuschend, entweder wollte sich die Gießereien nicht mit so einem Kleinkram abgeben oder die Teile waren wahnsinnig teuer. Ein Bekannter Modellbauer hat uns den Kontakt zu der Firma Blackgates in England vermittelt. Die Firma Blackgates hat einige englische Lokomotiven und Wagen in der Größe 5“ in Ihrem Programm. Nach einer Anfrage der uns fehlenden Teile erhielten wir ein Angebot und bestellten. Preis und Qualität der gelierten Graugussteile war wirklich gut.
Home Page: http://blackgates.co.uk/
E-Mail Firma Blackgates: heather@blackgates.co.uk
Ein Anfang ist gemacht.
Unser neues Projekt, die Maid of Kent nimmt so langsam Form an. Der Barrenrahmen und viele Kleinteile habe ich im Vorfeld schon laserbrennen lassen, wie wir es auch schon bei vorherigen Modellen gemacht haben.
Die Stege zur Stabilisierung der Seitenteile sind vorab nur mit Schrauben fixiert, erst wenn alle noch zu fertigenden Teile des Barrenrahmen vollständig sind, wird alles mit 2mm Nieten vernietet. Parallel zur Lok ist auch der Rahmen des Tenders bebaut worden.
Achsen und Federung
Die Blattfederung ist voll funktionstüchtig ausgeführt. Die einzelnen Federblätter können als Meterware bezogen werden. Um die Federblätter nach dem Zuschnitt zu härten, werden diese mit einem Gasbrenner so lange erwärmt, bis sie kirschrot leuchten und im Altöl vom letzten Motorölwechsel gehärtet.
Das Tenderachslagergehäuse ist aus dem "Vollen" gefräst worden. Die Achse ist mit jeweils zwei Kugellagern in jedem Achslagergehäuse gelagert, wobei die Lagerung als Tragstützlagerung ausgeführt ist.
Aufbau des Tenders
Die Aufbauten des Tenders sind aus Messingblech gefertigt worden. Die Stoßkanten der Bleche sind mit 10x10x1 mm Winkeln versteift und 2 mm Messing Nieten vernietet. Nachdem der Rahmen des Tenders fertig aufgebaut ist, werden die Winkel sowie alle Nietlöcher mit Weichlot verlötet. Der Tender wird nicht fest verschlossen, damit eine spätere Wartung der Handpumpe möglich ist. Der Deckel über dem Wasserkasten ist mit Silikon abgedichtet und verschraubt.
Die Wasserversorgung der Lok vom Tender aus wird über 4 Steckverbindungen der Firma Festo sichergestellt.
1. Zulauf Injektor, dieser wird über die Handkurbel abgesperrt.
2. Zulauf Handpumpe, diese besitzt ein Rückschlagventil.
3. Rücklauf Achspumpe
4. Zulauf Achspumpe
Achspumpe
Die Achspumpe entnimmt Ihr Wasser aus dem Tender und pumpt während der Fahrt kontinuierlich Wasser in den Kessel. Ist der oberste Füllstand im Kessel erreicht, wird das Bypassventil geöffnet und das Wasser wird von der Achspumpe zurück in den Tender gefördert.
Hilfsbläser
Der Hilfsbläser ist mit 3 Düsen um das Abdampfrohr angeordnet. Um während des Probelaufes ein optimales Ausströmverhalten zu erreichen, ist der Hilfsbläser in seiner Höhe einstellbar. Der Hilfsbläser soll durch den ausströmenden Frischdampf einen Unterdruck in der Rauchkammer erzeugen um das Feuer in der Feuerbüchse in Gang zu halten, wenn die Lok steht und die Zylinder keinen Abdampf mehr liefern. Ein schlecht eingestellter Hilfsbläser kann genau das Gegenteil erzielen, wenn er nicht genau auf den Schornstein ausgerichtet ist und der Venturi-Effekt durch eine turbulente Strömung nicht entstehen kann.
Bremse
Die Bremse wird beim Original mit Druckluft aus der Luftpumpe betrieben. Bei unserem Modell ist ein Betrieb mit Dampf vorgesehen.
Steuerung
Die Maid of Kent hat eine sogenante Joy-Steuerung; Dies ist eine Ellipsensteuerung.
Die Schieberbewegung wird durch eine mit der Exzenterstange verbundene Hebelanordnung bewirkt.
Zylinder
Bei der Anordnung der Zylinder gibt es zwei Möglichkeiten: Innenliegend und außenliegend. Die innenliegenden Zylinder haben den Vorteil, dass die oszillierende Masse der Kolben näher am Schwerpunkt der Lokomotive liegt und so weniger Schwingungen auf das Fahrwerk übertragen werden, was einen ruhigeren Lauf bewirkt. Der Nachteil ist der enge Bauraum, welcher eine Montage und spätere Wartung erschwert. Wir haben uns für die außenliegenden Zylinder entschieden. Über den Kästen der Muschelschieber sind die Zuläufe für die Ölung angeordnet. Die Zylinder werden separat mit Zylinderöl versorgt.
Der Kessel
Im Gegensatz zu den in England gebauten Modellen der Maid of Kent haben wir einen geschweißten Stahlkessel verwendet und keinen Kupferkessel. In den Stahlkessel werden Kupferrauchrohre ø15x1,5 und ø18x1,5 eingewalzt. Die Vorgehensweise wurde schon bei der BR 64 ausführlich beschrieben.
Der Hilfsbläser ist mit 3 Düsen um das Abdampfrohr angeordnet. Um während des Probelaufes ein optimales Ausströmverhalten zu erreichen ist der Hilfsbläser in seiner Höhe einstellbar. Der Hilfsbläser soll durch den ausströmenden Frischdampf einen Unterdruck in der Rauchkammer erzeugen, der das Feuer in der Feuerbüchse in Gang hält, wenn die Lok steht und die Zylinder keinen Abdampf mehr liefern. Ein schlecht eingestellter Hilfsbläser kann genau das Gegenteil erzielen, wenn er nicht genau auf den Schornstein ausgerichtet ist und der Venturieffekt durch eine turbulente Strömung nicht entstehen kann.
Der Regulator
Der Regulator versorgt die beiden Zylinder mit Frischdampf, da zu wird der Dampfzulauf im Regulator durch die Lochscheibe abgedeckt. Je nach Öffnungswinkel strömt mehr oder weniger Dampf in die Zylinder. Um eine feinere Regelung zu erreichen sind auf der Rückseite der Lochscheibe zwei feine Nuten eingefräst.
Der Einbau des Regulators in den Kessel ist eine kniffelige Angelegenheit. Nachdem der Anschlussflansch in den Kessel eingeschweißt ist, wird der Regulator von oben eingesetzt. Nach hinten steht ein Gewindezapfen mit einer konischen Bohrung heraus, an der das Verbindungsrohr zur Überhitzereinheit angeschraubt wird. Nun muss die komplette Überhitzereinheit von vorne in die Rauchrohre des Kessels und das Verbindungsrohr durch die vordere Flanschöffnung in den Kessel geschoben werden. Am Ende des Verbindungsrohres befindet sich ein Konusnippel mit Überwurfmutter. Die Schwierigkeit besteht nun darin, die Überwurfmutter mit dem Gewindezapfen des Regulators dicht zu verschrauben. Da zu muss man mit einem entsprechend angepassten Schraubenschlüssel durch den Anschlussflansch, in dem schon der Regulator sitzt, zur Verschraubung gelangen.
Ist die Verschraubung ausreichend fest angezogen, kann der Regulator mit zwei Inbusschrauben im Anschlussflansch verschraubt werden.
Ölpumpe
Die Ölpumpe übernimmt die wichtige Aufgabe, die beiden Dampfzylinder während des Betriebs ausreichend mit Heissdampföl zu versorgen. Heissdampföl ist ein spezielles Öl mit einer hohen Viskosität, die erst bei extrem hoher Dampftemperatur abnimmt. Ein gewöhnliches Öl würde vom einströmenden Dampf von der Zylinderwand abgewaschen. Das Heissdampföl bildet auch unter diesen Bedingungen noch einen ausreichenden Ölfilm auf der Zylinderwand.
Die Ölpumpe wird über ein Gestänge angetrieben, das an die Schiebersteuerung angebunden ist. Um zu gewährleisten, dass beide Zylinder mit der gleichen Ölmenge versorgt werden, wird die Zuleitung verzweigt, so dass jeder Zylinder eine eigene Ölzuleitung in die jeweilige Dampfleitung bekommt.
Verkleidung
Der Kessel wird mit einem feuerfesten, wärmeisolierenden Flies umwickelt und mit einem entsprechend gebogenen Kupferblech verkleidet. Der Führerstand sowie die Radabdeckungen sind aus 1mm starkem Messingblech gefertigt und mit dem Rahmen verschraubt.
Erstes Anheizen der Maid of Kent am 02.08.2014 auf der 5“ Anlage im Huserland.